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Mein Praktikum habe ich vom 17. Bis zum 28. Juni 2019 bei den Bad Hersfelder Festspielen, Im Stift 6 A in Bad Hersfeld, im Bereich der Maske absolviert.

  1. Die Bad Hersfelder Festspiele

Die Bad Hersfelder Festspiele finden jedes Jahr von Mitte Juni bis Anfang August in der Ruine der Stiftskirche in Bad Hersfeld statt. Sie gehören zu den traditionsreichsten Theaterfestspielen Deutschlands. Jedes Jahr kommen über 100.000 Besucher. Die Bad Hersfelder Festspiele sind ein städtischer Regie-Betrieb, bei dem Kommunalpolitiker, wie Stadtverordnete, über wichtige Entscheidungen abstimmen können. Die künstlerische Leitung obliegt dem Intendanten der Festspiele, Jörn Hinkel. Der Intendant ist Vorgesetzter des Dramaturgen und der technischen Leitung (Bühnentechnik, Tontechnik, Lichttechnik), er ist Regisseur und Vorgesetzter der übrigen Regisseure, Regieassistenz, Schauspieler, Sänger und Tänzer. Außerdem leitet er das künstlerischen Büros sowie das Abteil des Kostüm-/Bühnenbilds (Maske, Kostüm, Theatermalerei und Schreinerei). 
Die heutige Stiftsruine war früher ein Kloster, das im Jahre 1761 im 7-jährigen Krieg  nach einem großen Brand zerstört wurde. Sie gilt heute als größte romanische Kirchenruine der Welt. Bereits zu Zeiten des „Sturm und Drang“ war die Stiftsruine Veranstaltungsort für Chöre und Feiern. Im Vormärz fanden in der Ruine politische Kundgebungen statt. Konrad Duden versuchte im Jahre 1896 Volksfestspiele zu etablieren. Seit dem Jahre 1951 werden in der Stiftsruine jedes Jahr Musicals, Schauspiele und Theateraufführungen präsentiert, wobei für 1636 Zuschauer Platz ist. In diesem Jahr, bei den 69. Bad Hersfelder Festspielen, wurden fünf verschiedene Stücke aufgeführt: Franz Kafkas „Der Prozess“, das Musical „Funny Girl“, die Liebeskomödie „Shakespeare in Love“, das Rock-Musical „ Hair“ und Erich Kästners Klassiker “ Emil und die Detektive“.
Die Vorbereitungen für die Stücke beginnen teilweise 5  bis 6 Monate vor der Eröffnungspremiere. Die Chefmaskenbildnerin stellt das Team zusammen und Kalkulationen auf. Das Team besteht aus der Chefmaskenbildnerin Ute Mai, ihrer Stellvertreterin Stephanie Hanf, 23 Maskenbildner/innen und 2 Praktikanten. Die Werkstattarbeit beginnt zwei Wochen vor Probenbeginn bzw. 2 Monate vor der ersten Premiere. Es werden für die Schauspieler ca. 70 Perücken, insbesondere aus Echthaar (Asien), und Bärte geknüpft und Kopfschmuck genäht. Unmittelbar vor den Vorstellungen werden schließlich auch das Makeup oder die Masken für die verschiedenen Rollen festgelegt. Aufgabe der Maskenbilderinnen ist es, zwischen 20 und 60 Hauptdarsteller, Kleindarsteller, Sänger, Tänzer pro Vorstellung zu frisieren, zu schminken, Perücken und Masken aufzusetzen sowie Masken- und Perückenwechsel während der Vorstellung.

        2. Meine Tätigkeiten

Während meinem zweiwöchigen Praktikum habe ich viel erlebt. Ich war dabei, als Schauspieler, wie z.B. Marianne Sägebrecht, Martin Semmelrogge, Ingrid Steeger oder Ronnie Miersch, Hauptdarsteller des Stückes „Der Prozess“, frisiert und geschminkt und dadurch für ihre Rolle verwandelt wurden. Hierbei konnte ich den gelernten Maskenbildnern Michael Seel, Rebecca Rühle, Mica Frisch, Pauline Späthe, Diane Mo und Nadine Fischer über die Schulter schauen. Die Mitarbeiter hatten unterschiedliche Aufgaben, wie z.B. das Frisieren, Kopfputz herstellen, Perücken und Bärte knüpfen oder prosthetische Produkte erstellen, z.B. Glatzen, Wunden, ein sechster Finger oder Fischhäute zwischen Fingern.                                                                                                              Zu meinen Aufgaben als Praktikantin gehörten das Sortieren des Arbeitsmaterials und das Nähen von Perückenbändern, die zum Halt unter der Perücke des Darstellers festgesteckt werden. Nachdem ich das Nähen gelernt hatte, konnte ich im Laufe der Woche auch anfangen, Kopfschmuck herzustellen. Hierbei klebte ich Federn an Bänder, befestigte Perlen und nähte zum Verschließen der Bänder ein Klettverschluss hinein. Zudem konnte ich beobachten, wie Perücken und Bärte geknüpft wurden und wie viel Zeit und Präzision dafür benötigt wird. Für eine Perücke benötigt eine Maskenbildnerin ungefähr 40 Stunden. Eine rothaarige Perücke, die zuvor mit Lockenwickler eingedreht wurden, durfte ich mit einem Dampfgerät besprühen, sodass die Locken länger hielten. Anschließend trocknete ich diese eine Stunde lang bei 70° unter einem Föhn. Auch beim Kreieren von Kopfputz in Herzform half ich mit. Die Maskenbildnerinnen probierten auch an mir ein Statisten-Makeup oder einen dreiminütigen Perückenwechsel aus, denn ein Perückenwechsel erfolgt während der Vorstellung teilweise extrem schnell. Zum Abschluss des Praktikums durfte ich an der Hauptprobe von „Shakespeare In Love“ assistieren, die um 20 Uhr abends begann und bis spät in die Nacht andauerte.

      3. Meine Bilanz

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mir mein Praktikum in der Maske der Bad Hersfelder Festspiele sehr gut gefallen hat. Diese zwei Wochen waren für mich eine große Bereicherung, da ich einen Blick hinter die Kulissen des Theaters werfen konnte. Ich erfuhr auch viel über das Leben der Maskenbildner. Bei gemeinsamen Gesprächen zeigten sich die Vor-und Nachteile des Berufs. Ein solches Leben ist nicht einfach, angesichts der langen Arbeitszeiten und des niedrigen Gehalts. Zudem erklärte man mir, dass man als Maskenbildner oft befristete Arbeitsverträge hat und von einem Engagement zum nächsten wandert. Tut man dies nicht, ist man am Ende einer Theatersaison arbeitslos. Doch genau dieses Ungewisse reizt die Maskenbildnerinnen, es ist ein abwechslungsreiches Leben, das nie langweilig wird, weil man viel unterwegs ist.                                                                                                              Darüber hinaus ist ein Blick hinter die Kulisse etwas Besonderes, da man dort alles hautnah mitbekommt. Durch das Assistieren an Vorbesprechungen und der Hauptprobe des Stückes „Shakespeare in Love“, bekam ich mit, wie extrem schnell teilweise Masken-und Perückenwechsel sowie das Umschminken, Bärte-Kleben oder das Entfernen der Bärte während der Vorstellung ablaufen. Dies ermöglichte mir, eine ganz andere Sichtweise auf das Theater zu bekommen. Mir wurde bewusst, dass eine monatelange harte Arbeit mit einem Stück verbunden ist. Ich habe mir die Frage gestellt, ob es den Festspiel-Besucher wirklich bewusst ist, wie viel Arbeit, Zeit, Stress und Organisation eine Inszenierung bedeutet. Viele sehen nur das Endergebnis auf der Bühne und nicht den Aufwand hinter der Kulisse. Ich hatte keine Schwierigkeiten während meines Praktikums, da man mir stets die Arbeitsanweisungen erklärte. Wenn  mit etwas unklar war, fragte ich nach, was ich jedem Praktikanten nahe legen würde.
Um mich auf mein Praktikum bei den Bad Hersfelder Festspielen vorzubereiten, habe ich zuerst Informationen über das Internet über die Bad Hersfelder Festspiele gesucht. Danach habe ich mich über die Tätigkeit der Maskenbildner und deren Lebensläufe informiert. Zudem recherchierte ich die Organisation des Unternehmens und erkundigte mich über den Intendanten der Festspiele, Joern Hinkel. Dies würde ich auch späteren Praktikanten raten, denn es kann nie schaden, ein gewisses Vorwissen über ein Unternehmen und seine Mitarbeiter zu haben. Zu empfehlen ist, positiv und engagiert im neuen Umfeld aufzutreten. Abschließend ist zu sagen, dass ich ein Praktikum bei den Festspielen jedem, der sich für Theater und Kunst interessiert, wirklich weiterempfehlen würde!

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